In Juni 2014 hatte ich erstmals Gelegenheit, im Romsdalsfjorden (zwischen Molde und Andalsnes) Seeadler, die mit bis zu 2.4m Flügelspannweite grössten Greifvögel Europas, zu fotografieren. Ich war von diesen geschickten Jägern derart fasziniert, dass ich unbedingt zurückkehren wollte. Im Februar 2016 sowie im Herbst 2018 bot sich erneut die Gelegenheit dazu, diesmal in der Gegend von Flatanger und unter kundigster Führung von Ole Martin Dahle (Thank you, Ole, you were an outstandig guide and did a marvellous job!). Dort waren auch Steinadler (Golden Eagle), Elche, Eichhörnchen und diverse andere Vogelarten zu beobachten.

Seeadler vom Boot aus beim Fischen zu fotografieren, ist gar nicht so einfach. Im Wesentlichen müssen fünf Voraussetzungen erfüllt sein: Diffuses Licht, damit die Kontraste nicht zu hart und wenig Reflexe auf dem Wasser sind, leichter Wind, damit die Anflugrichtung vorausgesagt werden kann (Adler fliegen immer gegen den Wind an), ein Köderfisch (z. B. Hering oder Dorsch), den der Adler bevorzugt und der nicht zu schwer ist (maximal 1 kg), wenig Möwen in der Gegend, damit diese den Köderfisch nicht vor dem Adler fressen, der Adler, bzw. sein Nachwuchs muss hungrig sein (das ist abhängig von der Tagestemperatur und wie viele Fische bereits gefangen wurden), das Boot muss in der richtigen Position und in der richtigen Entfernung vom Köderfisch sein und sollte nicht zu stark schaukeln. Die Adler bei Flatanger erkennen Ole bereits, wenn er mit dem Boot auf dem Fjord fährt und wissen genau, dass es jetzt leichte Beute gibt.

Junge Adler haben ein deutlich dunkleres Gefieder, vor allem am Kopf und am Hals, mit zunehmendem Alter wird es dann heller.

Da der Fischfang sehr schnell abläuft, ist eine Kamera mit hoher Bildfrequenz von Vorteil, dazu ein Teleobjektiv mit mindestens 300mm Brennweite. Der Vorbeiflug und das eigentliche Ergreifen der Beute dauern nur wenige Zehntelsekunden. Adler sind unterschiedlich erfolgreiche Jäger. Jungtiere benötigen manchmal bis zu fünf Anflüge, bevor es ihnen gelingt, die Beute zu packen, während die Routiniers äusserst kräfteökonomisch anfliegen und praktisch auf Anhieb erfolgreich sind. Fischadler sind bekannt dafür, vor allem Seeottern die Beute abzujagen.

Adler werden beim An- oder Wegflug öfters von Möwen attackiert und es kommt zu veritablen Luftkämpfen. Die Möwen greifen die Adler immer von oben und hinten an, um sich von den Krallen und dem Schnabel fern zu halten. Ziel der Angriffe ist es, den Adler gar nicht erst den Köderfisch anfliegen zu lassen oder ihn zu provozieren, die Beute fallen zu lassen. In der Regel setzt sich aber der Adler durch. Im Februar konnten wir auch heftige Revierkämpfe zwischen Jungadlern beobachten, die versuchten, sich ein eigenes Territorium zu sichern.

Auf den Bildern sieht man deutlich besser als mit dem blossen Auge, wie ausgeklügelt die Fangtechnik des Adlers ist und wie er offensichtlich in der Lage ist, jede Feder zu steuern. Einzelne Federn wirken ganz offensichtlich als Sturzflugbremsen, die Geometrie und die Spannweite der Flügel können verändert werden und dank der Schwanzfedern kann der Adler unglaubliche Flugmanöver ausführen.

Wir benutzten die Gelegenheit unseres ersten Aufenthaltes, auch die einzige Moschusochsenkolonie, die auf dem europäischen Festland lebt, zu besuchen. Dazu war ein beschwerlicher Aufstieg zu Fuss auf das Dovrefjell nötig. Der Name der urzeitlichen Zotteltiere ist gleich in mehrerer Hinsicht falsch und ein Widerspruch in sich: Die mächtigen Tiere gehören zur Unterfamilie der Ziegenartigen und der Ausdruck Ochse wird sowohl für die weiblichen Tiere wie auch für die Bullen verwendet. Leider war es bei unserem Besuch sehr warm und die Tageszeit war ebenfalls ungünstig, sodass die aus erheblicher Distanz gemachten Bilder wegen des Luftflimmerns eine Unschärfe aufweisen. 

Natürlich gibt es an Norwegens Küste neben Adlern und Moschusochsen zahlreiche weitere Fotomotive, tolle Landschaften und eine reiche Vogelwelt.

Weitere Infos:

Seeadler (birdlife) |  Seeadler (arkive)  |  

Moschusochse  (NG)  | Moschusochse (tierdoku)

Visit Norway (Vögel)  | Visit Norway (Moschusochse)

Ole Martin Dahle